Der neue Railjet - ein Blick in die Zukunft? (m.18 B.) (Reiseberichte)

J-C, Da, wo ich grad gedanklich nicht bin., Sonntag, 24.03.2024, 21:51 (vor 58 Tagen)
bearbeitet von J-C, Sonntag, 24.03.2024, 21:55

Eins vorab, ich bin nicht der erste und auch nicht der letzte, der einen Reisebericht zum neuen Railjet verfasst. Ich hoffe dennoch, dass mein Reisebericht einen Mehrwert bieten kann. Denn an sich sind viele Dinge bereits schon mehr als einmal gezeigt und gesagt worden. Vielleicht nicht so sehr hier, aber auf YouTube und im "Nachbarforum" gibt es gar nicht so wenige dieser Berichte.

Samstag, 23.03.2024

Es ist wieder die Zeit gekommen, wo ich mal zwischen Breclav und Wien in einem Zug auf dem Boden sitzen würde. Wenn ich nämlich in einem Nachtzug, der in "Berlin Hbf Lehrter Bahnhof" startet, wie das Zuglaufschild an der Tür verkündet, reise und als vermutlich einziger, der in Breclav zusteigt, halt bis Wien ganz unten in der Nahrungskette ist. Aber das ist ok. Denn immerhin würde ich heute mit einem Freund mal einen Blick in die Zukunft wagen können...

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Da ist er also, der IC 19780, welcher am Wochenende die bestehenden Taktverbindungen zwischen Wien, Tirol und Vorarlberg entlastet. Normalerweise würde jener Zug mit 7 Abteilwagen zweiter Klasse verkehren. Heute jedoch und auch nächstes Wochenende hingegen wird es zum ersten und für ein paar Jahre letzten Mal sein, dass ein Railjet der neuen Generation regulär den Wiener Hauptbahnhof anfährt. Zwar wurden zusätzlich zu den 8 Railjets für den Brennerverkehr deises Jahr noch weitere 19 Railjets für die Südstrecke bestellt, doch werden diese erst gegen 2028 dann zum Einsatz kommen.

Und so freut man sich auf den ankommenden Railjet, der bei der Bereitstellung 14 Minuten Verspätung veranschlagte und im Taurus-Sandwich daherkommt.

Drinnen gleich im Steuerwagen eingestiegen sieht man...
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...genau dasselbe Bild wie im Nightjet der neuen Generation in deren Steuerwagen. Ist ja auch an sich dasselbe.

Man macht es sich bequem für die Reise, die man bis Salzburg veranschlagt. Auf so 2,5 Stunden sollte sich der Zug ganz gut erkunden lassen. Auch den Sitzkomfort kann ich in der zweiten Klasse dann für mich bewerten.

Was ich in der Hinsicht eben auch schon im Nightjet positiv bemerkte sind die Verstellmöglichkeiten. Auch cool sind die Vis-a-vis Plätze auf Podesten, worunter definitiv ein normalgroßer Koffer passt. In jenen Bereichen fehlt dann auch die Über-Kopf-Ablage, man würde sich sonst den Kopf dran stoßen.

Was übrigens auch fehlt sind Mülleimer am Platz. Stattdessen gibt es diese... Lösung
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Persönlich kann ich damit leben. Gibt auch Mülleimer weiterhin am Wagenende und mömglicherweise ist die Lösung mit der Tüte sogar gar nicht so schlecht wie man denkt. Wird sich sicherlich in der Praxis zeigen.

Und wo man schon auf die Fenster schaut...
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...die sind genauso mit Waben übersät wie so ziemlich jeder neue Zug heutzutage. Hab ich auch so schon im InterJet in Tschechien gesehen. Es ist gewöhnungsbedürftig für mich, da ich bisher kaum mit sowas in Berührung kam. Denn ja, es ist zumindest am Anfang etwas schwer, diese Waben zu ignorieren.

Wer nicht vorhat, aus dem Fenster zu schauen, erhält auch vereinzelt Wandfensterplätze, zumindest an den Podestbereichen hat man jedoch die Sitze ganz gut an die Fenster aufgeteilt.
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Der Zug fährt jedenfalls los, nach einem Halt in Meidling und der Feststellung, dass die Monitore von der Anzeige her jetzt einfach mal in Wien steckengeblieben sind, geht es auf, den Zug zu erkunden. Eines fällt auf, der Steuerwagen ist der einzige Wagen in der zweiten Klasse, der auch vollständig mit einem Teppichboden ausgestattet ist. Ansonsten findet man Linoleum-Böden vor. Ergibt ja irgendwie Sinn, dass man die Teppiche dann eben im Ruhebereich hat, wo diese ja am meisten Sinn ergeben. Anderseits, vom Zug her ist die Ruhe schon beeindruckend, definitiv leiser als im bisherigen Railjet. Die Drehgestelle machen hier auch nicht diese komischen Geräusche, was vor allem bei den Kurven schon ein Unterschied ist und die Klimaanlage ist wesentlich dezenter als beim Vorgänger.

Das ist vielleicht eines der Gründe, wieso der Zug sich etwas mehr wie ein Reisezug anfühlt als der bisherige Railjet, wenn ich so drüber nachdenke. Oder vielleicht, den bisherigen Railjet nutze ich als Pendler halt fast schon auf dieselbe Weise wie andere einen Regionalexpress nutzen würden.

Wie im Nightjet auch kann man das Gepäck nun verriegeln. Meine MasterCard Debit von N26 ist damit aber anscheinend nicht kompatibel, mein Freund konnte es mit seiner Karte aber nutzen.
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Zur Not müsste auch ein PIN funktionieren. Ich war aber irgendwie zu faul, mich damit näher einzufuchsen. Gibt aber sicher Leute, für die das einen Mehrwert bietet. Ein Seminarkoffer wird da ja schonmal weniger leicht gestohlen ;-)

Im nächsten Wagen befindet sich erstmal...
...Automaten für Heißgetränke und Snacks
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Sieht schick aus, bei den Heißgetränken funktionierte aber die Kartenzahlung nicht. Wobei mein Freund später sich von dort mit Barzahlung die Mannerschnitten besorgen konnte. Das dürften wohl diese Kinderkrankheiten sein, die man am Anfang so kriegt. Aber wenn das mal gut funktioniert, ist es sicherlich ein Gewinn. Man muss keine Odysee über bis zu 7 Wagen hinweg unternehmen, um was zu bekommen - bei diesem Zug kann man ja auch einen Trolley eher weniger transportieren.

Zwar sind die Niederflurbereiche definitiv etwas, was mich richtig glücklich werden lässt - stufenlos ein und aussteigen ist einfach episch. Heißt aber bei diesem Zug eben auch: die Stufen sind dann eben anderswo. Man hat im Prinzip in der Hinsicht einen Doppelstockzug ohne das Oberdeck, wenn es um das Treppensteigen geht.

Man läuft also erstmal den ganzen Zug ab. Wie schon vorher bekannt hat es ja nun auch je 2 Abteile in den meisten Wagen. Eine kurze Sitzprobe in einem Abteil zweiter Klasse offenbart, dass diese nicht unbedingt als besonders komfortabel zu bezeichnen wären. Weder sind die Sitze verstellbar, noch sind sie ganz so gut gepolstert wie im Großraumbereich.

Etwas ungewohnt, die Abteile haben nun Glasfenster zueinander. Das finde ich aber gar nicht so verkehrt, das hebt möglicherweise das Sicherheitsgefühl, weil man eben einsehen kann, was im Abteil geschieht.

Ach waren es Zeiten, wo ich im damaligen EC 173 Vindobona im Business-Abteil von Hamburg nach Breclav reiste... Viererabteile mit durchaus gegebenem Komfort, das hatte schon was. Gut, außerhalb Österreichs musste man ja auch keinen Aufpreis zum 1. Klasse Preis zahlen
Ach guck...
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Da scheint man zurück zu den Wurzeln zu gehen, denn das ist eben so ziemlich das, was man früher bei den Business-Abteilen in den EuroCitys der ÖBB so erhielt. Gerade auch im Verkehr nach Italien.

Die reguläre erste Klasse befindet sich im Großraum.
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Hier zu sehen mit herabgesenkter Armlehne. Wer bisher die Business-Klasse nutzte und die Vierer-Gruppen mied, kann sich den Aufpreis dann auch sparen und in einer durchaus komfortablen Sitzschale der regulären ersten Klasse Platz nehmen.

Die Holzelemente machen den Bereich jedenfalls ziemlich wohnlich nach meinem Dafürhalten.
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Wie man sehen kann (und so ist es auch in der zweiten Klasse), hat es nun 2 Tische bei den Reihensitzen. Im oberen Tisch kann man auch Mobilgeräte drahtlos aufladen. Ein Gepäcknetz ist weiterhin dann noch unten vorhanden. Man sollte meinen, da wird es genug Abstellflächen für den Fahrgast geben.

Und wenn man dann den ganzen Zug vom Steuerwagen her begangen hat, wird man auf etwas stoßen, was ich bislang nicht so sehr als Thema vorfand.
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Es ist ein Übergang vorhanden, der es grundsätzlich ermöglichen könnte, dass man noch weitere (klassische) Reisezugwagen anhängt. Nach meinen Erfahrungen mit den Zwischentüren im Zug, die man oft aufschieben musste, weil die Automatik versagt, ist es definitiv nicht falsch, dass man hier eine manuell zu bedienende Schwenktür verwendet, wenn der Bedarf sich ergibt.

Man begibt sich dann zurück an den Steuerwagen und genießt die Reise. Und ja, ein Genuss war es definitiv. In Linz sind sogar die automatischen Ansagen zum Leben erweckt, welche an sich dasselbe bieten wie einem CityJet. Besonders konsistent war das aber auch nicht. Da wird man wohl noch etwas nachjustieren müssen. Ich hab keine Aufnahme davon, aber es war definitiv nicht nur für mich amüsant zu hören, wie die Stimme mit sich selbst hadert. "In kürze erreichen wir: Wels Hbf. Linz Hbf. Wels Hbf." könnte ja geradezu philosophische Diskussionen hervorrufen.

Hinter Attnang-Puchheim geht es ins Bistro. Hier ein Foto, was nach dem Ausstieg in Salzburg entstand:
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Wir haben uns für die Barplätze entschieden. Die hauen mich jetzt nicht unbedingt vom... Hocker (ba-dmm-tss). Versteht mich nicht falsch, es war definitiv ziemlich cool, das Essen und einen schönen schwarzen Kaffee mit direktem Blick auf die Strecke zu genießen...
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...aber wenn man ein bestimmtes Bild über einen drehbaren Hocker in Längsbestuhlung in einem Zug, der auf der Fahrt durchaus gewisse Seitenbeschleunigungen erfährt, hat... ja dann ist dieses Bild vermutlich nah dran an der Realität. Ist jetzt nicht gerade unerträglich, aber vielleicht auch sogar beabsichtigt. Denn längere Zeit am Laptop würde ich da definitiv nicht verbringen wollen. Anderseits hat man halt die Flexibilität, sich auf die Sitzgruppe gegenüber zu drehen. Gibt ja im Barbereich auch so Wandfensterplätze..

schön finde ich aber auch die Garderobe dort.
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Man verbleibt bis Salzburg, steigt vom Bordbistro stufenfrei aus und ist definitiv erstmal glücklich...
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Trotz der paar Details, ich hab den Zug richtig gerne.

Hier noch ein Vergleich mit dem "alten" Railjet
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Es ging dann ganz spontan noch im ICE nach Freilassing. Es stellt sich heraus, dass ich in der ÖBB-App mit BahnCard50 Rabatt einen Preis von 1,90€ für eine Fahrt im ICE von Salzburg nach Freilassing kriege, ohne Rabatt wären es 3,80€. Bei der DB werden... 7,25€ veranschlagt mit BahnCard Rabatt. Ich schätze mal, die DB will Inlandsreisende mit kurzen Reisedistanzen nicht so sehr im Fernverkehr sehen.

Was ich aber nun einfach mal so habe ist ein Vergleichswert mit einem ICE 4.
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Mein Fazit: der ICE 4 ist zwar nüchterner gestaltet, aber die Sitze sind etwas besser gepolstert. Es fehlt da einfach nur die Verstellbarkeit der Sitzfläche.

Was ich übrigens durch den Abstecher nach Freilassing auch habe, ist dieses Abschlussbild.
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Falls noch Fragen offen bleiben, verweise ich einfach auf den Youtube-Kanal "Eisenbahn in D Ö CH", welcher den Zug auch unter die Lupe nahm.

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Reisehäppchen für zwischendurch gefällig?
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(Bildquelle: ČD)


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